Storytelling im Geschäftskundenvertrieb
Möchten Sie aus der grauen Masse der üblichen Verkäufe hervor stechen, müssen Sie bezüglich der Beweisführung andere Register ziehen, als das schlichte nennen von Referenzkunden.
Natürlich können Sie als „fundierten Beweis“ für den Kunden, dass Sie wirklich die Wahrheit sagen, im Maschinen- und Anlagenbau beispielsweise eine Vorführung durchführen, also das Produkt live, in Farbe und im realen Einsatz demonstrieren. Das ist allerdings verhältnismäßig teuer. Die meiner Erfahrung nach wirkungsvollste und zugleich günstigste Variante ist, wenn Sie eine ehrliche Referenzstory von einem Ihrer Kunden erzählen. Anschließend bieten Sie an, dass Ihr Kunde den Kunden anrufen kann, um den Wahrheitsgehalt der Story auf den Prüfstand zu stellen. Es reicht nicht, einfach nur davon zu berichten, dass Sie das Produkt oder die Leistung bei einem Kunden erfolgreich angewendet haben. Ihr Kunde muss mit einer packenden Story gefesselt werden. Eine simple Ansammlung von Fakten ist emotional genauso aktivierend wie ein Klumpen Aluminium. Formen Sie aus Aluminium ein ansprechendes Auto, spricht es den Käufer an. Formen Sie aus der Faktensammlung eine Story, spricht es Ihren Kunden an. Es geht darum, den Kunden für wenige Minuten mit auf eine kleine gedankliche Reise bezüglich einer wahren Begebenheit einzuladen und mitzunehmen. Nutzen Sie einfach das folgende Muster, um Ihre Kundengeschichten derart zu platzieren, dass Ihr Kunde gar nicht anders kann, als Ihnen gebannt zuzuhören.
- Situation: Wie war die Situation bei Ihrem Kunden, bevor Sie Ihre Lösung eingesetzt haben?
- Verhängnis: Was wäre im Negativen passiert, wenn Ihr Kunde nichts verändert hätte? Wo hätte er Umsatz verloren, welche Kosten wären entstanden? Hätte er Zeit verschwendet? Hätte er Möglichkeiten ausgelassen, seine Reputation zu steigern? Wären seine Prozesse umständlich, zeit- und kostenintensiv geblieben?
- Wendung: Welchen Nutzen haben Sie Ihren Kunden bereits mit Ihrer Lösung gebracht? Wie konnten Sie das messen? Wie konnte er das bemerken? Was lief bei der Implementierung gut, was lief schlecht (Medaillen-Prinzip) – was haben Sie daraus gelernt?
- Happy End: Wie ist es heute, nachdem er Ihre Lösung bereits eingesetzt hat? Beschreiben Sie bildhaft, was Sie gesehen haben. Warum? Ich habe eingangs davon gesprochen, dass die Geschichte ehrlich und packend sein muss. Die Ehrlichkeit erreichen wir dadurch, dass Sie nur Geschichten erzählen, die tatsächlich stattgefunden haben und dem Medaillen-Prinzip folgen. Ihr Gegenüber packen Sie, indem Sie es schaffen, dass vor dem geistigen Auge Ihres Gesprächspartners Bilder entstehen. Der Kunde muss sich den Einsatz Ihrer Lösung mit eigenen Bildern vorstellen.
Gehen Sie also für Ihre drei wichtigsten, erzählenswerten Kundenerlebnisse die Phasen „Situation“, „Verhängnis“, „Wendung“ und „Happy End“ durch und beschreiben Sie, was Sie dort erlebt haben. Wenn Sie diesbezüglich in der Champions-League mitspielen möchten, dann schreiben Sie zu den jeweiligen Phasen auf, was Sie erlebt haben. Daraus entwerfen Sie Ihre Top-3-Kundenstorys.
Zurück zu meinem Beispiel des Maschinenbauunternehmens. Es hörte sich in etwa so an: Nachdem ich erklärt hatte, was ich mache (Stärken), dargestellt hatte wie ich das mache (Erläuterung) und ich den messbaren Nutzen für das Unternehmen verdeutlicht habe (Nutzen) kam ich also zum nächsten Punkt, dem Beweis. Das Medaillen-Prinzip hatte ich schon beim Quantifizieren des Nutzens klar dargestellt, indem ich offen darlegte, wie teuer eine Trainingsmaßnahme für ein Unternehmen insgesamt ist. Berechnet man sämtliche Kosten, wird schnell klar, dass ein essenzieller Teil der Kosten durch den Arbeitsausfall der Teilnehmer entsteht. Das wird oft verschwiegen. Nichtsdestotrotz wollte ich auch beim Beweis beide Seiten offen darlegen. Ich führte daher eine Kundenreferenzstory an, die ich erlebt habe und die genau auf den Punkt bringt, was mein Trainingsprogramm bringt. Ich leitete die Story folgendermaßen ein: „Meine Herren, ich kann mir gut vorstellen, dass Sie sich die Frage stellen, ob das denn so alles stimmt, was ich hier so von mir gebe. Möchten Sie dazu einen kurzen wahren Erfahrungsbericht hören?“ Sie erhalten auf diese Frage immer ein „Ja“. Ich fuhr fort: „Es handelt sich um ein Trainingsprojekt bei einem großen mittelständischen Stahlhersteller. Das Unternehmen befand sich in einer prekären Lage – der aktive Vertrieb wurde jahrelang vernachlässigt“. Stellen Sie sich nun Folgendes vor: Ich stehe im sogenannten ‚gelben Salon‘ der Firma. Der gelbe Salon ist ein großer Besprechungsraum des Unternehmens, in dem ich das Programm mit den Vertrieblern und Chefs durchgeführt habe. Der Name rührt von einem gelben Teppich, den Sie sich in einem ungefähr 20 × 15 m großen Raum vorstellen. Eine Seite ist mit schwarzer Eiche verkleidet, die anderen Seiten sind verglast. Der Raum ist sehr edel eingerichtet inklusive der bronzefarbenen Büste des Firmengründers vorne rechts in der Ecke. Die Teilnehmer stehen gerade im Training, wir haben eine aktive Schlussphase, in der ich mit jedem Teilnehmer noch mal die wichtigsten Erkenntnisse aus dem Trainingsprogramm durchgehe. Zu guter Letzt ist der Vertriebschef des Unternehmens an der Reihe, Wieland Zürner. Er istungefähr zwei Meter groß, Jahrgang 1951, hat längere grauweiße Haare, ein Mann wie ein Baum. Er steht mir gegenüber, wir schauen uns in die Augen und er sagt: ‚Herr Kober, eins muss ich Ihnen mal ganz ehrlich sagen. Zwei Dinge stören mich massiv an diesem Programm. Zum einen, dass wir insgesamt acht Mal zusammenkommen mussten, um das Ergebnis hier zusammenzubringen – summieren Sie mal alleine den Arbeitsausfall der Mannschaft!‘ Es ist still im Raum, keiner sagt einen Ton. Ich höre ihm weiter zu und denke mir insgeheim: ‚Was soll das denn jetzt?‘ Ich wollte gerade Luft holen, um seinen Einwand zu entkräften, da legt er nach: ‚Nein, Herr Kober, warten Sie, ich bin noch nicht fertig. Der zweite Punkt, der mich wirklich am meisten stört und mich massiv ärgert, ist …‘ (es folgt eine lange Pause), ‚dass wir Sie und Ihr Programm nicht schon 20 Jahre eher kennengelernt und gebucht haben!‘“ Im Kundengespräch führe ich dann meist weiter an: „Sollten Sie jetzt immer noch Zweifel haben, dass das Programm auch für Sie massive spürbar positive Ergebnisse bringen wird, dann rufen Sie einfach direkt bei Wieland Zürner an. Er wird Ihnen berichten, dass das Programm messbare bessere Vertriebsergebnisse bringt.“ Diese Geschichte ist wahr. Ich verwende sie gerne, um bei meinen Kunden zu verdeutlichen, dass natürlich auch meine Kunden bei meinem Programm negative Aspekte sehen – nämlich häufig die Länge des Programms. Wenn man nachhaltig spürbare Effekte erleben möchte, dann reicht nun mal ein „Zwei-Tage-Motivationsseminar“ nicht aus, um die gesamte Vertriebsmannschaft grundlegend neu auszurichten und zukunftssicher zu machen. Nutzen Sie mehr Stories für die Beweisführung. Es macht den Nutzen Ihrer Lösung erlebbar, und zwar vor dem geistigen Auge Ihres potentiellen Kunden.
Mehr dazu in meinem Buch: “Klartext im Vertrieb”